We transform for the better“ − oder anders gesagt: „Alles bleibt besser"
Europa durchläuft wirtschaftlich schwierige Zeiten. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?
Dietmar Wiesinger. Die Krise ist in der Tat hartnäckig. Die Hoffnung, dass es im zweiten Halbjahr 2024 zu einem Aufschwung kommt, hat sich nicht erfüllt. Eher das Gegenteil war der Fall. Die Prognosen wurden nach unten korrigiert. Das hat natürlich Implikationen am Markt, die Belastung im Industriesektor ist groß. Am Beispiel der Energiekosten, die in Europa höher sind als in anderen Wirtschaftsräumen und vermutlich mittel- und langfristig auch höher bleiben werden. Problematisch ist ebenfalls der Fachkräftemangel in Kernbereichen, wie etwa der IT.
Was für die Gesamtwirtschaft schlecht ist, könnte für CANCOM als IT-Dienstleister und Digitalisierungspartner der Industrie allerdings von Vorteil sein.
Bernd Eder. Aus meiner Sicht ist das etwas zu kurz gedacht. Natürlich entstehen für uns als Digitalisierungsunternehmen Aufträge, weil wir mit unseren Services und unserem Portfolio gerade in schwierigen Zeiten helfen können effizienter und damit krisensicherer zu werden. Allerdings darf man die Makroebene nicht außer Acht lassen. Wenn Unternehmen Investitionen zurückhalten oder aufgrund der Industriekrise und der schrittweisen Deindustrialisierung den europäischen Raum bzw. die regionalen Märkte, auf denen wir tätig sind, verlassen, dann kommen uns auf lange Sicht auch die Kunden abhanden.
Die steigende Gefahr, dass Unternehmen den europäischen Wirtschaftsraum verlassen, hat laut Experten auch mit der „Regulierungswut“ der EU zu tun. Die Befürchtung ist u.a., dass die zunehmende Bürokratisierung Geschäftsmodelle weniger rentabel macht.
Bernd Eder. Auch das ist differenziert zu sehen. Einerseits sind Standards, die mit DORA, NIS-2 oder dem AI Act geschaffen werden, hilfreich, um an ihnen entlang sichere Geschäftsprozesse und -modelle zu entwickeln. Andererseits ist ein Zuviel an Regulierung ein kritisch zu betrachtendes Hindernis, wenn man Produktivität und Lohnstückkosten als Maßstab heranzieht.
Dietmar Wiesinger. Ich stimme dem zu. Für die globale Wettbewerbsfähigkeit österreichischer und europäischer Unternehmen ist ein Übermaß an Regulierung und Bürokratie natürlich nicht förderlich. Dennoch sind Regularien, die Mindeststandards setzen, um insgesamt für mehr Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit zu sorgen, grundsätzlich zu begrüßen. Und es belebt unser Geschäft, wenn Unternehmen, mit komplexen Aufgabenstellungen in der IT, diese mit uns erarbeiten. Das trifft auf viele kleinere Organisationen zu, für die wir als CANCOM State-of-the-Art-Technologie sicherstellen und regulatorische Compliance garantieren können.
Lassen Sie uns einen Blick auf die beherrschenden Digitalisierungs- und IT-Themen werfen, etwa auf die Cyberkriminalität. Das Institut Cybersecurity Ventures hat im jüngsten Cybercrime Report dramatische Zahlen veröffentlicht und diese mit dem Satz auf den Punkt gebracht: „Als Land betrachtet wäre die Cyberkriminalität nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.“
Dietmar Wiesinger. Cyberkriminalität ist ein lukratives, risikoarmes „Geschäft“ mit geringen Einstiegshürden und relativ wenig Konsequenzen für die Täter. Die Folgen für die Unternehmen können hingegen massiv sein. Wenn Cyberkriminelle Schwachstellen in IT-Systemen und Netzwerken nutzen, um sensible Daten zu stehlen und Geschäftsprozesse zu sabotieren, kommt es nicht nur zu finanziellen Verlusten, sondern auch zu schwerwiegenden Image-Schäden. Cybersicherheit gehört zweifellos zu den größten aktuellen Bedrohungsszenarien in der Wirtschaft und ist nicht umsonst eines unserer Kernthemen bei CANCOM. Wir haben rund 300 zertifizierte Cyber-Security-Spezialist:innen, die in hochqualifizierten Teams an Security-Projekten arbeiten, um Sicherheitsvorfälle zu analysieren, innovative Lösungen zu entwickeln und Unternehmen vor den wachsenden Herausforderungen in der digitalen Welt zu schützen. Und wir betreiben als CANCOM Gruppe mehrere Cyber Defense Center im DACH-Raum, die unsere Kunden mit Security Services rund um die Uhr betreuen können.
Wobei die Herausforderungen und Chancen durch neue technologische Entwicklungen immer größer werden – was die Überleitung zu einem weiteren Überthema schafft: Künstliche Intelligenz.
Dietmar Wiesinger. AI ist ebenfalls ein strategisches Fokusthema von CANCOM, mit dem wir uns schon seit knapp einem Jahrzehnt intensiv auseinandersetzen – und nicht erst seit dem Ende 2022 mit ChatGPT ein regelrechter Hype rund um die Generative KI entstanden ist. Nach einem Hype, der von einer überzogenen Erwartungshaltung begleitet wird, kommt in der Regel die Phase der Ernüchterung. Bei vielen herrscht Unklarheit, was KI aktuell bereits in einem Unternehmen leisten kann und wo noch Entwicklungszeit notwendig ist.
Deswegen ist Beratung wichtig. Wir verstehen Aufklärung als Teil unserer Serviceleistung. Und wir legen den Fokus auf die Umsetzung von funktionierenden Anwendungsfällen, die auch tatsächlich konkreten Nutzen stiften. Der Erfolg gibt uns bei dieser Strategie recht. Nur ein Beispiel dazu: Für die Entwicklung einer privaten und datensicheren CompanyGPT Lösung für die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich wurden wir unlängst von Microsoft mit dem Innovation-Award 2024 ausgezeichnet.
Bernd Eder. Künstliche Intelligenz ist tatsächlich ein großes Thema für den Markt und für uns. Um KI-Applikationen aufzusetzen, braucht es allerdings die Verfügbarkeit von Daten. Die öffentlich verfügbaren Informationen des Internets sind bereits in den großen Modellen integriert, aber der größte Datenschatz, den es zu heben gilt, liegt in den Unternehmen selbst. Zum Beispiel in Wissensdatenbanken und von Maschinen gesammelt. In der gehypten Diskussion wird manchmal vergessen, dass die Verfügbarmachung von Daten und die Generierung von Plattformen eine Grundbedingung für die Anwendung von KI ist.
Und ich möchte den Themenkomplex, mit dem sich CANCOM in diesem Zusammenhang beschäftigt, noch weiter fassen. Grundsätzlich geht es um die nutzbringende Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen und in diesem Rahmen um die Transformation der IT von einem Kostencenter zu einem Lösungszentrum. Im Fokus steht also die Problemlösung unter Zuhilfenahme von digitalen Tools. Hier spielen auch – aber nicht nur – Anwendungen der Künstlichen Intelligenz hinein.
Stichwort Transformation. Die ist auch bei Ihnen unternehmensintern voll im Gange. Im Juni des Vorjahres wurde die K-Businesscom Teil der CANCOM Gruppe und so zur CANCOM Austria. Welche Idee stand hinter der Umgruppierung und Umfirmierung?
Dietmar Wiesinger. Die Transaktion war als Wachstums-Case gedacht. Einerseits ging es um eine geographische und andererseits um eine portfolioseitige Ergänzung. Wir haben davor als K-Businesscom Österreich, Schweiz, Rumänien, Tschechien und fallweise Deutschland betreut, CANCOM hatte geografisch ihren Schwerpunkt in Deutschland. In Österreich war CANCOM a+d bereits stark im Workplace-Umfeld aktiv, was wir wiederum in der K-Businesscom nicht ganz so wettbewerbsfähig anbieten konnten. Auch der CANCOM Marketplace und Webshop kamen als digitale Kundenkanäle aus Deutschland für uns dazu und wurden 2024 in Österreich erfolgreich eingeführt. Insgesamt gibt es also viele Synergien. Es haben sich demnach nicht nur das Logo und der Firmenname geändert, sondern tatsächlich auch das Portfolio und die Leistungsfähigkeit verbreitert und somit auch den geplanten Wachstums-Case Realität werden lassen.
Bernd Eder. Wir machen gerade die Transformation vom Familienunternehmen zum kapitalmarktorientierten, internationalen Unternehmen durch. Ich habe so einen Prozess bereits geführt, als wir aus der Kapsch CarrierCom die Kontron Transportation Austria gebaut haben, und ich weiß daher, dass es sich komplett anders anfühlt und auch anfühlen soll, wenn die Ausrichtung internationaler und kapitalmarktorientiert wird. Es ergeben sich für die gesamte Unternehmung und für jeden Einzelnen neue Chancen und Perspektiven und diese gilt es gemeinsam zu erarbeiten und damit Transformation zu einer motivierenden Reise werden zu lassen. Mitarbeiter:innen sind im Zuge eines Change-Prozesses oftmals verunsichert. Unsere Managementaufgabe ist es die Vorteile des neuen Unternehmensformats sichtbar zu machen und vorzuleben. Perspektiven ergeben sich zum Beispiel aus der Größe und Vielfalt der integrierten Organisation oder aus modernen, objektiven Standards der Mitarbeiterführung und im Management generell. Jedes Teammitglied bekommt die Chance herausragend beizutragen. Junge Führung ist authentisch, mitarbeiterorientiert und objektiv.
Fällt eine Transformation leichter, wenn es neue Management- und Führungsstrukturen gibt?
Bernd Eder. Davon bin ich überzeugt. Es ist hilfreich, eine Veränderung mit einem neuen Leadership-Ansatz zu kombinieren. Bei uns ist jetzt alles weniger hierarchisch strukturiert. Wir forcieren den Teamgeist, laden unsere Mitarbeiter:innen vermehrt zur aktiven Mitwirkung in gemeinsamen Projekten ein und ermuntern sie, sich Freiheiten zu nehmen und mutig eigene Lösungsideen voranzutreiben. Die Botschaft dahinter: Seid Teil des Erfolgs. Wobei ich betone, dass bei uns nicht alles neugestaltet werden muss. Das Erfolgsgeheimnis einer Transformation ist ja, das, was bisher gut funktioniert hat, beizubehalten, und es mit neuen Zugängen anzureichern. Das spiegelt sich auch in unserem Vorstandsteam wider, in das Jochen Borenich, vormaliger Vorstand der K-Businesscom ab 1.1.2025 wieder dazustoßen wird.
Dietmar Wiesinger. Und es gibt viel Gutes aus der Vergangenheit, das wir mit in die Zukunft nehmen können. Die Kundenorientierung und Problemlösungskompetenz, die das Unternehmen Kapsch mehr als 130 Jahre lang ausgezeichnet haben, werden weiterhin elementare Handlungssäulen sein. Auch die Tatsache, dass wir österreichweit bei den Unternehmen auf allen Ebenen hervorragende Kontakte haben, ist ein Vermächtnis der Geschichte, auf dem wir aufbauen. Kennzeichnend ist ebenfalls, dass die Mitarbeiter:innen gerne hier arbeiten. Wir vermitteln ihnen jetzt, dass die Veränderung, die mit der Struktur eines größeren Konzerns einhergeht, keine Bedrohung ist, sondern eine zusätzliche, neue Chance. Unser Ziel war es von Anfang an, die besten Eigenschaften der K-Businesscom mit der Stärke von CANCOM zu vereinen. Das haben wir erreicht.
Wie nimmt der Markt die Veränderung auf? Und wie lautet ihr Zwischenfazit zum Change-Prozess?
Dietmar Wiesinger. Die Veränderung hat sich ja marktseitig ergeben und die ursprüngliche Idee, dass eins plus eins mehr als zwei sein soll, ist in der kurzen Zeit seit Juni 2023 bereits Realität geworden. Das sehen wir an den Zahlen. Es geht uns gut. Wir haben durch den Merger weder Kunden noch Mitarbeiter:innen verloren. Unser Commitment zum österreichischen Markt, unsere Verantwortung und Entscheidungskompetenz, das alles ist so geblieben, wie es war. Aber das Portfolio ist größer geworden. Die Veränderung wird deshalb vom Markt positiv beurteilt. Unsere Kunden profitieren von der Stärke der Gruppe, ohne auf die lokale Verankerung verzichten zu müssen.
Bernd Eder. Um im heutigen wirtschaftlichen Umfeld wachsen zu können, braucht es zusätzliche Kapitalressourcen. Auf diese haben wir jetzt als neue Gruppe mehr Zugriff. Somit können wir gut skalieren und die Erweiterung des Portfolios gezielt an unsere Kundenbasis bringen. Das alles zahlt sich aus. Unser Slogan „We transform for the better“, den wir intern gerne um „Alles bleibt besser“ ergänzen, bewahrheitet sich bis dato. Wir sind guten Mutes.
Wachstum als Zukunftschance mit breitem Portfolio für Österreich
Die CANCOM Gruppe ist in den vergangenen Jahren nachhaltig gewachsen - auf mehr als 5.600 Mitarbeiter:innen an rund 80 Standorten in der DACH-Region und darüber hinaus. Wesentlich für dieses Wachstum war die im Juni 2023 getätigte Akquisition des österreichischen ICT Lösungs- und Serviceproviders K-Businesscom – die bisher größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte. Zuvor war CANCOM schon über 30 Jahre erfolgreich mit Modern Workplace Lösungen der CANCOM a+d IT solutions GmbH am österreichischen Markt aktiv.
Gemeinsam mit internationalen Partnern wie Apple, Lenovo und HP Inc. realisiert CANCOM a+d maßgeschneiderte Arbeitsplatzlösungen für alle Unternehmensgrößen und Branchen. Das Lösungsportfolio umfasst dabei neben der Entwicklung der Workplace Architektur auch die gesamte Hardware und das Equipment wie PCs, Tablets, Smartphones und Displays, Drucksysteme, Headsets, Eingabegeräten und branchenspezifisches Zubehör.
Workplace-as-a-Service
Neben dem klassischen Kauf und Leasingmodellen liegt der Schwerpunkt bei CANCOM dabei auch auf Workplace-as-a-Service-Angeboten. Diese flexiblen und nachhaltigen Nutzungsmodelle umfassen den gesamten Lifecycle eines Geräts. „Für Finance-Verantwortliche erleichtert das die Budgetplanung, da die Workplace-Kosten über die Laufzeit verteilt und fixiert sind. Dadurch entfallen hohe Investitionskosten, die sonst den Cashflow belasten“, erklärt Anton Birics, Geschäftsführer CANCOM a+d das Model und die Vorteile. „Einkaufs-Teams sparen Zeit, da die Einkaufskonditionen einmalig für die Laufzeit verhandelt werden und das Geräte-Line-Up im Vorfeld festgelegt wird. Und es entlastet maßgeblich das IT-Team, da Routineaufgaben wie Gerätekonfiguration, Geräteverwaltung, User Help Desk, Logistik und Austausch defekter Geräte einfach an uns als Partner ausgelagert werden. Dank unserer Zero-Touch-Deployment- und Selfservice-Architektur können die User die Geräte auspacken, sich anmelden und sofort losarbeiten – ohne das Zutun von IT-Teams.“
Derartige Workplace-as-a-Service-Konzepte ermöglichen auch sogenannte Employee Choice Programme. Hierbei können Mitarbeiter:innen einfach zwischen einem Mac oder PC als Arbeitsgerät wählen. Das macht Unternehmen in der Regel attraktiver am Arbeitsmarkt und in Kombination mit dem unkomplizierten Abwicklungsprozess werden Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität erhöht.
Da das Workplace-as-a-Service-Modell den gesamten Geräte-Lifecycle abdeckt, werden für das Ende des Zyklus auch individuelle End-of-Term-Szenarien vereinbart: Die Geräte können den Mitarbeiter:innen zum Kauf angeboten oder an CANCOM zurückgegeben werden. In jedem Fall erhalten die Geräte ein „Second-Life“. Ein solches Nutzungsmodell trägt ebenfalls zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen bei.
Anton Birics ergänzt: „Es sind wirklich viele Argumente, die für Workplace as a Service sprechen und auch unsere Kunden überzeugt haben. Dazu gehören in Österreich unter anderem führende Unternehmen aus dem Lebensmitteleinzelhandel, der Medien-Branche und global agierende Konzerne“.
Über CANCOM
Als führender Digital Business Provider begleitet CANCOM Unternehmen, Organisationen und den öffentlichen Sektor in die digitale Zukunft. Das Leistungs- und Lösungsspektrum umfasst sowohl klassische Systemhaus-IT-Lösungen als auch datenbasierte Digital Solutions, Managed Services sowie Cloud Dienste. Mit einem breiten Lösungsportfolio und führenden Technologiepartnern gestaltet CANCOM die Digitale Evolution seiner Kunden mit und unterstützt dabei, die Komplexität von IT zu reduzieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das Angebot der CANCOM Gruppe umfasst innovative Lösungen in den Bereichen Artificial Intelligence, Security & Network, Datacenter & Cloud, IoT-Solutions sowie Modern Workplace und enthält Dienste für den gesamten IT-Lifecycle – von der Bereitstellung von IT-Infrastrukturen, über die Beratung, Planung und Integration, bis hin zu Support-, Managed Services und XaaS. Kunden profitieren dabei von der umfangreichen Expertise, mit der ihre vielfältigen Anforderungen in konkrete branchenspezifische IT-Lösungen übersetzt werden, um ihren Geschäftserfolg maßgeblich zu fördern. CANCOM Austria entwickelt darüber hinaus eigene Softwarelösungen und Plattformen für innovative Geschäftsmodelle. Als Digital Maker denken die Mitarbeiter von CANCOM Austria dabei stets end-to-end. Durch die Kapsch-Wurzeln verbindet CANCOM Austria 130 Jahre Innovationskraft mit der langjährigen Erfahrung als Marktführer für Netzwerk, Data Center, Security, Collaboration und Managed Services. Die CANCOM Cyber Defense Center gewährleisten dabei 24/7 Schutz vor Cyberangriffen.