(New) Workforce Management: KI-Chatbot kümmert sich um Kunden
Der Fachkräftemangel in Österreich ist so hoch wie nie zuvor: Jedes zweite Unternehmen erleidet deswegen Umsatzeinbußen. Besonders sensibel reagieren Kunden auf diese Leistungsmängel. Hilfe für Unternehmen kommt in der angespannten Lage von künstlicher Intelligenz (KI): Smarte Chatbots sind inzwischen in der Lage, sich professionell um die Kundenbetreuung zu kümmern. Die hölzernen ersten Gehversuche der Pioniermodelle sind Vergangenheit. Ein KI-Chatbot der neuesten Generation ordnet Anfragen selbständig ein, erkennt Sorgen und Nöte der Kunden, reagiert darauf empathisch und nimmt den menschlichen Kollegen die zeitraubenden Routinearbeiten ab.
FRAGE: Herr Urban, ein KI-Chatbot versetzt sich im Callcenter in die Kunden hinein – wie ist das möglich?
Martin Urban: Künstliche Intelligenz, die empathisch auf eine Kundenanfrage reagiert ist heute kein Widerspruch mehr. Dazu tragen zwei technologische Komponenten wesentlich bei. Zunächst einmal ist auf dem Gebiet der Spracherkennung ein grundlegender Durchbruch gelungen. Die neueste Generation von KI-Chatbots „versteht“ natürliche Sprachäußerungen. Selbst verschachtelte Sätze sind kein Hindernis mehr – denken Sie beispielsweise an ChatGPT oder Bard. Diese so genannten „Generative Pre-trained Transformer“ sind heute sehr gut im Kundenkontakt anwendbar. Konkret: Fragt ein Anrufer nach dem Status seiner Bestellung, sucht die KI im System nach einer individuell passenden Antwort. Die vorgefertigten Antwort-Schemata von IVR-Menüs gehören damit der Vergangenheit an. Zum Sprachverständnis kommt als zweite wichtige Komponente die Programmierung spezifischer Parameter hinzu, die der KI Empathie sozusagen beibringen. Diese Parameter sind passgenau auf das Unternehmen und die konkreten Anfragen zugeschnitten. Die KI lernt über die Spracherkennung zu unterscheiden, ob eine höfliche Formulierung oder eventuell eine Entschuldigung angebracht ist. Fragt ein Kunde beispielsweise entrüstet, wo seine Bestellung bleibt, wird der entsprechend programmierte KI-Chatbot sich zunächst für die Wartezeit entschuldigen und erst dann den Status des Auftrags ansprechen.
FRAGE: Woher wissen Sie, welche Fragen im Callcenter auf den KI-Chatbot zukommen?
Martin Urban: Bevor es mit der Programmierung losgeht, tauschen wir uns in Workshops sehr intensiv mit jedem unserer Kunden aus. Dabei analysieren wir die Customer Journey so genau wie möglich: Welche Ziele verfolgt das Unternehmen? Welche Produkte und Leistungen gibt es? Welche Zielgruppen werden wie angesprochen und welche Erwartungen haben die Endkunden von der ersten Anfrage bis zur After-Sales-Betreuung? Gemeinsam erarbeiten wir detailliert, was die typischen Kundenanfragen sind und wie die Callcenter-Mitarbeiter sie lösen. Oftmals existieren in digitalen Datenbanken Gesprächsmitschnitte, die ungenutzt brachliegen. Für die künstliche Intelligenz ist die Untersuchung solcher Aufzeichnungen mittels Voice Analytics in kurzer Zeit möglich.. Auf diese Weise lassen sich die typischen Anliegen und Formulierungen identifizieren. Auf dieser Grundlage empfehlen wir Unternehmen dann geeignete Einstiegspunkte für die Automatisierung – der spezifische Chatbot wird in enger Abstimmung mit dem Kunden programmiert. Wichtig: Wir liefern alles aus einer Hand und jede unserer Lösungen ist maßgeschneidert.
FRAGE: Was wären typische Einstiegspunkte für die Automatisierung?
Martin Urban: Manche Unternehmen entscheiden sich, einen KI-Chatbot zunächst in Spitzenlastzeiten, in der Mittagspause oder nach Dienstschluss einzusetzen. Diese Vorgehensweise eignet sich gut dafür, die Technologie schrittweise einzuführen und zu optimieren. Zudem lernen die Bots selbst dazu und verbessern die Interaktion im Kundenkontakt immer weiter. Unsere Empfehlung lautet daher, zunächst Teilbereiche zu automatisieren und dann schrittweise weitere Phasen und Kanäle der Customer Journey zu integrieren.
FRAGE: Ist es das Ziel, am Ende alle Bereiche zu automatisieren, sodass der Mensch im Callcenter überflüssig wird?
Martin Urban: Nein, ganz im Gegenteil. Wir empfehlen stets einen hybriden Ansatz. Es geht darum, die Talente von Mensch und Maschine bestmöglich zu kombinieren. Ein Selfservice-Bot ermöglicht es den Endkunden, Standarddienste wie Terminvereinbarung, -erinnerung oder Sendungsverfolgung selbständig und flexibel zu erledigen. Allerdings sollte es stets die Möglichkeit geben, bei komplizierten Anfragen mit einem Mitarbeiter zu sprechen. Die Callcenter-Agents profitieren in diesem Fall von der Vorarbeit des Chatbots. Denn sie erhalten die gesamte Historie als Informationsgrundlage – egal ob die Anfragen per Telefon, SMS, E-Mail oder über die Webseite eingegangen sind. Der Kunde muss sein Anliegen also nicht erneut vortragen. Die Mitarbeiter sehen auf ihrem Screen die relevanten Kunden-Informationen aus sämtlichen digitalen Kanälen. Zudem klassifiziert die künstliche Intelligenz das Anliegen. Dieses Informations-Plus stellt eine enorme Entlastung für die Mitarbeiter dar.
FRAGE: Gibt es weitere Möglichkeiten, die Mitarbeiter im Callcenter durch Automatisierung zu entlasten?
Martin Urban: Neben dem beschriebenen Plus an Informationen für die Mitarbeiter gibt es eine weitere wesentliche Entlastung dadurch, dass Endkunden proaktiv zufriedengestellt werden und Nachfragen gar nicht erst entstehen - nach dem Motto: „The best service is no service“. KBC sorgt mit seiner Lösung für das Customer Experience Management dafür, dass die Konsumenten von vornherein automatisiert alle notwendigen Informationen bekommen, beispielsweise zum Status ihrer Bestellung oder Anfrage. Das Prinzip „Proaktivität“ schafft auf diese Weise Freiräume für die Beschäftigten im Callcenter, die jetzt den Rücken für Troubleshooting und komplizierte Anfragen frei haben. Genau für solche Aufgaben sind die menschlichen Kollegen im Kundenkontakt unschlagbar.
FRAGE: In welchen Branchen haben sich KI-Chatbots im Callcenter bewährt?
Martin Urban: Grundsätzlich ist der Einsatz von KI-Chatbots überall im Kundenservice sinnvoll, um entweder den Fachkräftemangel abzufedern oder um repetitive Tätigkeiten einzusparen um ansprechenderen oder komplexeren Anfragen mehr Zeit widmen zu können. KBC sieht das größte Potential bei Unternehmen, die sehr viel Kundenkontakt haben. So haben wir mit einem Bankinstitut erarbeitet, dass ein Voicebot gleich zu Beginn des Gesprächs - bei durchschnittlich 400.000 Anfragen pro Jahr - eine Ressourcenentlastung von rund vier Mitarbeitern bringt. Das mag vielleicht nicht nach viel Entlastung klingen, jedoch muss man bedenken, dass es dadurch zu einer Qualitätssteigerung kommt (mehr Zeit für Beratungsgespräche), mehr Kundenservice bietet (24/7) und auch die Basis schafft, neue Leistungen mit gleicher Anzahl von Personen zu anzubieten.
FRAGE: Was ist Ihr Fazit?
Martin Urban: KI-Chatbots sind angesichts des Fachkräftemangels ein wichtiges Werkzeug für den professionellen Kundenkontakt. Bei der digitalen Sprachverarbeitung ist der Durchbruch gelungen, sodass sich die Technologie sehr gut für das Callcenter eignet. Viele Kunden-Anfragen lassen sich bereits im Selfservice lösen. Zudem entlastet die proaktive Kunden-Information durch automatisierte Dienste die Beschäftigten weiter. Smarte Automatisierungslösungen im Customer Service helfen, die Prozesse zu optimieren, Kosten zu sparen und Umsatzpotentiale zu entdecken. Die Digitalisierungsexperten von KBC liefern für jeden Kunden maßgeschneidert die gesamte Lösung aus einer Hand.